„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“
— Albert Einstein
Immer mehr vom Falschen hilft schlicht nicht. Im Angesicht von Stress bedeutet das vor allem: Nichts zu tun, anstatt das ewig Selbe in Variationen. Das ist eine der schwersten Übungen überhaupt! Wenn es unsere gewohnten Reaktionen und Handlungen waren, die uns in den Stress geführt haben, liegt der erste Schritt der Veränderung genau dort: im Unterlassen dieser automatischen Antworten.
Lassen. Unterlassen. Weglassen. Loslassen.
Diese einfachen Worte verbergen eine der größten Herausforderungen im Umgang mit Stress. Gerade dann, wenn Stress uns gefangen hält, fühlt es sich vollkommen falsch an, stillzuhalten. Es widerspricht allem, was wir gelernt haben. Es ist zutiefst kontraintuitiv.
Stress löst in uns starke Emotionen aus – das Wort Emotion vom lateinischen „emovere“, bedeutet so viel wie „hinausschaffen, wegschaffen“. Wir wollen diese unangenehmen Gefühle loswerden: Konflikte am Arbeitsplatz, Beziehungsprobleme oder finanzielle Sorgen treiben uns zum Handeln – meist aber nicht, um das eigentliche Problem zu lösen, sondern um unsere Gefühle zu beruhigen.
Häufig sind es nicht die äußeren Umstände selbst, die uns zum Handeln zwingen, sondern das unangenehme Gefühl, das diese Situationen in uns hervorrufen. Wir wollen Erleichterung – und zwar sofort.
Dabei handeln wir oft nach tief verwurzelten Mustern, wie auf Autopilot. Unser Ziel: Wohlbefinden um jeden Preis. Doch dieses reaktive Verhalten lenkt unsere Aufmerksamkeit weg vom eigentlichen Thema. Wir handeln nicht lösungsorientiert, sondern gefühlsorientiert – und verpassen so die Chance, tatsächlich etwas zu verändern.
Wenn es unsere Emotionen sind, die uns antreiben, dann bedeutet „Nichts tun“, sich diesen Emotionen zu stellen – ohne Ablenkung, ohne Flucht. Und genau das macht diese Übung so schwierig.
Denn im Stillsein tauchen unangenehme Gefühle oft noch stärker auf. Doch hier liegt auch die Chance: Wer es schafft, diese Gefühle einfach nur wahrzunehmen, ohne sie zu bewerten und ihnen sofort nachzugeben, befreit sich von der inneren Zwangsjacke. Es ist in sich widersprüchlich und macht es dadurch zusätzlich schwierig, dass das „Unterlassen des Handelns“, die angemessene Handlung ist.
Das Ergebnis? Statt nur zu re-agieren, beginnen wir wieder bewusst zu agieren.
Mit der Zeit schenkt uns diese Übung eine neue Perspektive: Wir erkennen, dass unser Handeln nicht primär dem Zweck dienen muss, unangenehme Gefühle zu vermeiden.
Wir handeln nicht mehr, um uns besser zu fühlen – wir fühlen uns besser, weil wir frei handeln.
Diese Freiheit entlastet enorm. Sie erlaubt es uns, Entscheidungen nicht aus Reflexen oder Prägungen heraus zu treffen, sondern bewusst und sachbezogen. Damit tun wir nicht nur unserer Umwelt, sondern vor allem uns selbst etwas Gutes.
Was für das Stressmanagement gilt, gilt auch für das Glück. Glück lässt sich nicht erzwingen.
Tatsächlich ist Glück oft ein „Abfallprodukt“ – es entsteht ganz nebenbei, wenn wir einer Tätigkeit um ihrer selbst willen nachgehen.
Wenn wir jedoch jede Handlung nur unter der Prämisse ausführen, dass sie uns glücklich machen soll, wird sie über kurz oder lang enttäuschen. Glück stellt sich nicht ein, wenn es das Ziel ist – sondern, wenn wir es zulassen, dass es als natürliche Begleiterscheinung unserer freien und bewussten Handlungen entsteht.